Ruanda ist das Land der tausend Hügel. Die terrassenförmige Berglandschaft ist bedeckt von Kaffee- und Teeplantagen und man sieht von Bäumen umsäumte Täler soweit das Auge reicht. Auch in der Hauptstadt Kigali ist alles grün! Blühende Hügel und Täler, gewundene Boulevards und die riesigsten, bepflanzten Kreisverkehre, die ich jemals gesehen habe.
Es war aber nicht immer so …
Es ist gerade mal 20 Jahre her als Kigalis Straßen noch von toten Körpern bedeckt waren und Hunde umherliefen, die das verrottende Fleisch fraßen. Ruanda ist gekennzeichnet durch seine unvergleichbar tragische Vergangenheit. Innerhalb von gerade einmal 100 Tagen wurden ca. eine Million Ruander in einem furchtbaren Genozid systematisch abgeschlachtet.
Um mehr über den Völkermord und Ruandas Geschichte zu erfahren machte ich mich auf den Weg zum Kigali Genocide Memorial, wo rund 250.000 Menschen in Massengräbern bestattet wurden. Das Museum neben der Grabstätte ist definitiv das berührendste, in dem ich jemals war. Ich habe ehrlich Rotz und Wasser geheult! Ich bin keine Historikerin, aber ich will versuchen kurz zu erklären, was damals vorgefallen ist.
Ruanda war erst eine deutsche und später eine belgische Kolonie. Schon damals wurde der Grundstein für die bevorstehenden Stammeskonflikte gelegt. Die Belgier führten ID-Cards ein, die die Einwohner in Gruppen namens Tutsi (Menschen mit mehr als 10 Kühen) und Hutu (Menschen mit weniger als 10 Kühen) einteilten. Zu dieser Zeit war die Minderheit Tutsi an der Macht. Als der Tutsi König die Unabhängigkeit von Belgien einforderte, stellten sich die Belgier auf die Seite der Hutu Mehrheit. Nach dem Tod des Tutsi Königs wurde das erste mal Blut vergossen und während 50.000 Tutsis ermordet wurden, konnten 150.000 über die Grenzen nach Uganda, Kenia und Tansania fliehen.
Als Ruanda 1962 Unabhängigkeit erlangte waren die Hutu an der Macht. Um es kurz zu machen: die Konflikte köchelten unter der Oberfläche vor sich hin bis sie dann 1994 in einem schrecklichen Genozid gipfelten. Hutu Extremisten schlachteten ca. eine Million Tutsis und Sympathisanten innerhalb von nur 100 Tagen ab. Frauen wurden vergewaltigt, dazu gezwungen ihre eigenen Kinder umzubringen und danach selbst getötet. Der Geruch von verwesendem Fleisch war überall und das ganze Land war bedeckt von Leichen. Im Nachhinein mussten ernsthaft alle Hunde getötet werden, weil sie eine Vorliebe für menschliches Fleisch entwickelt hatten. Sowas kann man sich doch gar nicht vorstellen.
Die Exponate im Kigali Genocide Museum sind einzigartig und total bewegend. Auch wenn man davor gar keine Ahnung von Ruandas Geschichte hat kriegt man einen detaillierten Eindruck. Im oberen Stockwerk ist ein Raum mit lebensgroßen Fotografien von Kindern, die während des Genozids umgekommen sind. Neben den Fotos stehen persönliche Details über die Kinder, wie z.B. Lieblingsessen, letzte Worte und wie sie ums Leben gekommen sind (z.B. Schädel mit Machete gespalten oder gegen Wand geschmettert). Das zu sehen hat mir den Rest gegeben! Ich hab SO geheult. War mir ja schon peinlich da drin.
Draußen sind drei Etagen mit Massengräbern, jedes ca. 100 Meter lang. Einige davon sind immer noch mit Blumen bedeckt. Das ganze Memorial ist wunderschön und schrecklich zugleich.
Obwohl das Ganze erst 20 Jahre her ist, hat sich das Land außergewöhnlich gut erholt. Es gibt heutzutage keine Hutu und Tutsi mehr, sondern nur noch Ruander. Das Klima ist geprägt von nationaler Einheit und Versöhnung und es ist beeindruckend, zu sehen wie die Menschen mit dieser tragischen Vergangenheit umgehen.